Mit einem großen Lob für die enorme Integrationsleistung, die die deutsche Gesellschaft in den vergangenen 50 Jahren vollbracht hat, startete die SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün in Imshausen ihren Vortrag. Sie sprach am Freitag zum Thema Chancengleichheit und Wir-Gefühl in der Einwanderungsgesellschaft.
Durch die Darstellung der verschiedenen Einwanderungswellen machte sie klar, dass je nach Migrationshintergrund Zugewanderte unterschiedlich große Probleme damit hätten, sich in die Gesellschaft hineinzufinden.
So seien mit den Gastarbeitern gezielt gering ausgebildete Menschen für einfache Arbeiten ins Land geholt worden, die stärkere Sprachprobleme hätten. Dagegen hätten politische Flüchtlinge oft einen hohen Bildungsstand und weniger Probleme, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.
"Wir brauchen gesteuerte Einwanderung, um der Schrumpfung der Gesellschaft zu begegnen", sagte die europapolitische Sprecherin. Um dem zunehmenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften zu begegnen, sei es notwendig, sowohl die hier lebenden Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten stärker zu fördern als auch qualifizierte Kräfte ins Land zu holen. Diese würden in Zukunft verstärkt aus Afrika kommen.
Im anschließenden Gespräch kamen die Probleme zur Sprache, die ein solcher so genannter "Brain Drain" - ein Abzug des qualifizierten Nachwuchses aus Entwicklungsländern - mit sich bringt. "Wenn beispielsweise, verursacht durch den Klimawandel, die Menschen aus bestimmten Regionen abwandern müssen, um zu überleben, werden wir uns nicht mit einigen Patrouillenschiffen im Mittelmeer dagegen wehren können", meinte Akgün.
Auf die Frage nach islamischem Religionsunterricht in Schulen wies sie darauf hin, dass dieses Recht - ebenso wie der Bau von Moscheen - im Grundgesetz verankert ist. Grundbedingung sei jedoch, diesen nur durch ausgebildete Lehrer mit abgeschlossenem Studium halten zu lassen. "Auf keinen Fall sollten die Moscheevereine die Möglichkeit erhalten, an Schulen zu unterrichten", sagte sie.
Gesellschaftliche Integration müsse in den Kommunen stattfinden: "Funktionierende Partnerschaften und lokale Bündnisse sind der Weg, wie Zugewanderte an der Bürgergesellschaft hier teilhaben können", sagte Akgün.
Im Gespräch wurde deutlich, dass es auch eine immer größer werdende Gruppe von Deutschen gibt, die ebenfalls Integrationsbedarf haben. "Denn mangelnde Integration ist immer ein soziales Problem, nicht eines der Herkunft", betonte Akgün.
Auch viele deutschstämmige Jugendliche hätten mittlerweile einen Wortschatz von nur noch einigen hundert Wörtern und als Folge davon keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt. "Wenn zu Hause nur die Glotze läuft, Alkohol und Gewalt den Alltag bestimmen, ist das kein ethnisches, sondern ein soziales Problem."
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