Jahrgang 1970, in der DDR geboren, heute zuständig für die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin: Uwe Neumärker bot in seiner Gedenkrede am Trottenkreuz eine auch durch seine eigene Biografie geprägte Annäherung an den 20. Juli 1944, dem Tag des gescheiterten Attentats auf Hitler.
Der nicht-kommunistische und besonders der bürgerlich-aristokratische Widerstand sei ein Stiefkind der Geschichtsforschung der DDR gewesen, sagte Neumärker. Stattdessen galten der illegale Widerstand der KPD und ihr Führer Ernst Thälmann als Leitbild.
Im Westen hingegen brachte nach dem Krieg Marion Gräfin Dönhoff den 20. Juli ins Gespräch. Nicht eine Elite, sondern die besten Männer aller Bevölkerungsschichten, die letzten positiven Kräfte eines ausgebluteten Volkes, so Dönhoff, hätten sich den Sturz des Diktators zur Aufgabe gemacht. Die Verschwörer seien die Helden des Kampfes gegen Hitler gewesen. Andere Formen des Widerstandes wurden zunächst kaum berücksichtigt, sagte Neumärker.
Bis heute sei die historische Bewertung des Widerstands nicht abgeschlossen, wenngleich man heute gelassener und aufgeklärter damit umgehe.
Neumärker ging auch auf Adam von Trott zu Solz selbst ein. Er sei kein Soldat gewesen, seine Biografie untypisch für die Attentäter. Denn die meisten Adligen und Militärs hatten die Machtergreifung der Nationalsozialisten und das Ende der Demokratie 1933 begrüßt, während von Trott dem Regime von Anfang an ablehnend gegenübergestanden habe.
So hatte er schon die Machtergreifung als "schreckliches Unglück" bezeichnet und war 1940 lediglich zur Tarnung in die NSDAP eingetreten. "Trott war mutig und standhaft, aber es liegt mir fern, ihn als Lichtgestalt dieses Widerstands gegen seine Mitstreiter auszuspielen." Ihm gehe es um die Bandbreite des Widerstands vom 20. Juli und überhaupt, sagte Neumärker. "Und so ehren wir heute nicht nur die mutigen Frauen und Männer des 20. Julis, sondern all diejenigen, die sich aufrechten Hauptes gegen das nationalsozialistische Regime aufgelehnt haben. Hierzu zähle ich vor allem die so genannten stillen Helden."
"Helden", das war auch ein Stichwort für den SPD-Unterkreis-Vorsitzenden, Steffen Müller. Das Heldenhafte der Attentäter bedürfe der Einordnung, der Analyse und des Gesprächs, sagte Müller. Nach der Kranzniederlegung wurde das Gespräch im Visser ’t Hooft Haus der Stifung Adam von Trott fortgesetzt.
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